2014-11-16

Schokolade. Und zwar satt!

„Hast Du Lust ein Schokoladen-Menü zelebriert von einem der Berliner Köche der jungen deutschen Küche zu genießen?”
„Lass mal überl… JA!”



Es gibt Vergnügen, die lässt man nicht an sich vorbei ziehen. Und schon mal gar nicht, steht Schokolade aus dem Schlaraffenland Ecuador auf der Speisekarte. Schon gar nicht erst recht überhaupt nicht, darf man hierzu (endlich) ins Volt zu Matthias Gleiß. Ihm und seinem Team eilt der Ruf in dieser Stadt wirklich voraus.



Eingeladen hatten der Direktor von ProEcuador, Juan Diego Stacey zusammen mit dem ecuadorianischen Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado (Foto o.), und die Delegierte des Minesteriums für Außenhandel in Ecuador, Lourdes Jaramillo, um uns Ecuador als Land, vor allem natürlich als Produzenten allerfeinster Schokolade vorzustellen.



Dabei lernte ich, dass nur fünf Prozent aller produzierten Kakaobohnen weltweit die hochwertigen Gourmetbohnen wie die Arriba sind. Und davon stammen 60 % alleine aus Ecuador. Mittlerweile hat das kleine südamerikanische Land bereits den Spitzenproduzenten Brasilien im Export der edlen Kakaobohnen überholt. Schokolade aus den geernteten, getrockneten und gerösteten Bohnen, produziert Ecuador selbst dagegen kaum. Wenige landeseigene Produzenten beteiligen sich schon an „bean to bar”, der Weiterverarbeitung des Kakaos bis zur Tafel wie z. B. Pacari.



Deren Schokolade schmeckt sehr pur und ehrlich im Vergleich zu hiesigen Varianten, die schnell eine Spur zu cremig schmecken. Der größte Anteil der Kakaoernte verlässt das Land unverarbeitet und wird von Confiserien in Übersee zum Endprodukt verarbeitet. Deutschland ist dabei übrigens der drittgrößte Abnehmer des feinen Kakaos aus Ecuador. Die Bauern haben die Produktion von dem blumig-fruchtig schmeckenden Cacao Arriba (dort auch Cacao National benannt) in den letzten Jahren auf 220.000 Tonen im Jahr 2013 steigern können.

Die Gesamtproduktion des equadorianischen Kakaos wird zu 98 % exportiert, Damit deckt Ecuador 70 % des weltweiten Kakao-Bedarfs ab. Diese Zahlen möchte das Land bis ins Jahr 2020 verdoppelt haben. Staatliche Hilfen sorgen für Unterstützung beim Anbau und Weiterbildungsprogramme für die Bauern, um dieses Ziel erreichen zu können. Die Pflanzenpflege und Ernte geschieht vorrangig mit viel Handarbeit, eine Automatisation findet so gut wie nicht statt.

Einer dieser Bauern, Tomás Garcia, beschneidet seine Bäume mit einer einfachen Säge und erntet per Hand. Barfuß. Sein Geheimnis ist die Liebe zu seinem Land und seinen Pflanzen, die er beide verehrt. „Ich liebkose die Erde und meine Pflanzen als wären sie meine Frau, meine Kinder. Denn sie haben Seelen, sie leben wie wir! Sie sprechen nur nicht.” Das klingt pathetisch? Möglich, aber mit dieser Einstellung zu seinem Land ist der Mann mittlerweile der größte Produzente dieser exklusiven Kakaobohne Arriba geworden. Er produziert drei Mal mehr Bohnen als andere Bauern mit vergleichbarer Anbaufläche.

Das und viel über die Geschichte Ecuadors lernten wir Gäste im Volt schon beim Champagnerempfang. Zuvor unterhielt ich mich mit einen sehr netten Herren der Journalistenzunft über Küchengeräte (nicht kam mehr nach Omas alte Krups-Geräte) und Pathologie-Küchen (Zitat: „Die Küche ist des Deutschen neues Auto”) und Berliner Restaurationen.

Der Botschafter begrüßte uns herzlich, er und weitere Repräsentanten versorgten uns mit Informationen über das Land Ecuador, Produktionsmethodik und Export-Details mit dem fachlichen Knowhow für das kommende Menü. Spätestens bei der Erwähnung der Tatsache, dass es auch 100%ige Schokolade gäbe, wurde ich leicht unruhig. Prompt wurden wir ins Restaurant gebeten und ich durfte mit den anderen Gästen, überraschenderweise mit dem charmanten Botschafter direkt an meiner Seite, den Service vom Volt und unser besonderes Degustationsmenü genießen.





Matthias Gleiß hatte mich direkt mit dem ersten von drei (noch schokoladefreien) Grüßen aus der Küche eingenommen. Eine hauchdünne Speckschwarte, knusprig gebacken mit einem kleinen Tropfen warmen Schmalz in der Mitte. Zum Niederknien. Ganz einfach, so gut! Und … leider ohne Foto.



Perfekt als Begleitung zu den Gängen und das ist überhaupt ab sofort ein must have bei mir: ein Schokoladenbrot. Sauerteig mit Schokolade! Das Rezept habe ich dank eines fordernden Tischgastes zum Glück jetzt auch.

Dazu passend ging neulich durch die Medien die Meldung, dass Schokolade schlank mache. Die HELENA-Stuide (Healthy Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescene) untersuchte bei Heranwachsenden die Auswirkungen von Schokoladenkonsum. Das Ergebnis: Der Body-Mass-Index von Jugendlichen, die einen gesunden Konsum von Schokolade pflegten, lag unter dem des BMI von den anderen Probanden, die sich nicht regelmäßig mit Schokolade beglückten, während sich aber beide Vergleichsgruppen gleichermaßen gerne von Convenience Food bzw. Fast Food ernährten.

Schokolade enthält das Flavenoid Katechin. Katechine stehen generell als Antioxidantien im positiven Verdacht entzündungshemmend und antithrombisch zu wirken. Die Forscher vermuten, dass Katechine günstig auf die Produktion der Hormone Cortisol und Insulin wirken. Beide Hormone stehen im menschlichen Organismus eng im Zusammenhang beim Auftreten von Adipositas.

Die Menge macht's dabei. Also nicht in Masse konsumieren und keine Vollmilchschokolade, die viel weniger von den guten Substanzen, dank der Zuführung von viel Fett und Zucker enthält, als hochprozentige Zartbitterschokolade. Nach diesem kleinen Schokoladen-Diät-Tipp meinereine können wir festhalten: Schokoladenbrot gehört ab sofort auf den Tisch!



Uns beglückte der erste Gang, eine wilde Ente mit Preiselbeere und eingelegten Herbsttrompeten, kombiniert mit 66 % dunkler Edelkuvertüre. Gefolgt von einem Bretonischen Schollenfilet mit Blutwurst und Mole Sellerie – in einer Kakaoessenz. Meine zweite Begegnung im Volt mit einem flüssigen Bestandteil im Gang und … mir dürfte Matthias Gleiß sofort ein durchgängiges Suppen-/Brühe/Consommé/Eintopf-Menü servieren. Der kann das! Selten jemanden erlebt, der so ein Händchen hat für Flüssigkeiten im Teller.



Dass Schokolade glücklich macht, ist länger bekannt. Das in ihr enthaltene Tryptophan unterstützt die Synthese von Serotonin im Gehirn. Ein zu niedriger Serotonin-Spiegel ist Mitverantwortlich für Depressionen; soll außerdem beim weiblichen Geschlecht ursächlich für Menstruationsschmerzen sorgen (insofern keine anderen organischen Ursachen vorliegen.) Kurz: ein, zwei Stücken hochkonzentrierte Zartbitterschokolade am Tag können unter Umständen einige unserer Probleme beseitigen und stehlen den Heißhunger auf etwas Süßes.

ODER Ihr lasst Euch einfach als Zwischengang ein Schokoladensorbet servieren aus 100 % Kakao und 64 % dunkler Kuvertüre! Kaum Süße, etwas nussiger Crunch im Kern. Spätestens nach diesem Gang war für mich der Abend gelaufen. Ich grinste ab diesem Moment nur noch wie ein Honigkuchenpferd.



Nicht unterschlagen möchte ich, als möglichen weiteren Faktor hinsichtlich meines Zustandes, die feine Weinbegleitung. Ein Weißburgunder zu den Grüßen der Küche und ein Riesling aus der Pfalz zur Vorspeise. Der mallorqinische Rote, ein Sestalino Vino de la Tierra de Mallorca, machte eine sehr deutliche Ansage und knüpfte elegant an die Schokolade auf dem Teller an. Er war eindeutig die Diva in den Gläsern des Abends. Dieser Diva konnte unser Dessertwein, der Juracon moelleux „Costa Darrer” leider kaum noch Paroli bieten, vielleicht auch weil er ein Tick zu warm serviert worden war.

Zu meiner, unserer guten Laune am Tisch sorgte vor allem auch der Botschafter von Ecuador, Jorge Jurado, der so was von ein perfekter Botschafter für sein Land ist! Er erzählte begeistert von den Landschafen, von den Menschen – vor allem auch von der equadorianischen Küche. Das klang wunderschön und beeindruckend, ich hätte sofort die Koffer packen und ins Flugzeug einsteigen wollen. Equador muss traumhaft schön sein! Übrigens hatte der Mann in Berlin an der TU studiert, noch vor dem Mauerfall. Und sich in dieser Zeit aufgrund des Mensa-Essens das Kochen zwangsläufig selbst beigebracht. Ich bin ihm noch das Linsenrezept meiner Oma schuldig.



Dem sehr reizvollen Intermezzo „Schokoladensorbet” folgte im Hauptgang eine zarte Rindsschulter vom Grill mit Pastinake und geräucherter Macadamianuss-Créme an 56 % Noire Orange.



Das Dessert bestand vorrangig – das mag nun echt überraschen – aus Schokolade. Interessanterweise hatte ich zu diesem Zeitpunkt, obwohl in den einzelnen Gängen, vom Sorbet abgesehen, die Schokoladekomponenten die Köstlichkeiten lediglich begleiteten, nie aber dominierten, etwas genug von Schokolade. Das Dessert war sehr köstlich und: viel und: gut! Dessert kann nie genug sein. Schokolade(n Eis), Birne und Erdnuss und sehr feiner Schokoladenkuchencrunch. Danach fühlte ich fast so etwas wie eine kleine schokoladige Überdosis. Ich wusste ja nicht, dass es so etwas geben kann und verbuche es als Zustand von absoluter Glückseligkeit: ich war auf einem echten und ganz legalen Schokoladentrip!

Das war ein nicht nur ein sehr leckeres, sondern auch spannendes, beeindruckendes Menü im Volt mit einer außergewöhnlichen Zutat. Uns bewirtete ein höchst kompetenter Service, vieleicht eine Spur zu professionell. Tempo ist schön – ist aber nicht immer alles beim dinieren.



Ich für meinen Teil werde jöfter Schokolade auch in den herzhaften Gängen integrieren. Das Menü von Matthias Gleiß hat in dieser Beziehung Mut gemacht.

Der Spaß mit der feinen Schokolade aus dem interessanten Land Ecuador geht aber noch weiter; Am 25. November 2014 werden im Berliner Hotel Grand Hyatt für den Wettbewerb „Chocolate of the Year” 25 deutsche Chocolatiers eingeladen, die Rezepte aus equadorianischer Schokolade kreiert haben und sie dort vorstellen werden. Der von einer Fachjury ausgewählte Gewinner reist nach Ecuador und darf dieses wunderschöne Land, die herzlichen Leuten und seine Kakaoproduktion kennenlernen!

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