2016-01-13

Nein!

Fakt ist, Frauen, die in diesem Land Opfer von sexuellen Übergriffen – egal mit welcher Konsequenz für das Opfer – werden, können sich sicher sein, dass ein ermittelter und der Tat überführter Täter nur dann verurteilt wird, kann das Opfer BEWEISEN, dass es nicht nur ausdrücklich „Nein!” gesagt hat (auch etwas, was man hinbekommen muss, wenn einem gleichzeitig Mund und Nase zugehalten werden). Sondern sich auch vehement körperlich gewehrt hat gegen den Übergriff. So ist die rechtliche Situation. Und das Land wundert sich, warum eine sehr große Anzahl von Frauen solche Angriffe nicht anzeigen.

Mit diesem juristischen Verlangen steht jede Frau, die von einer andere Person angegriffen wird, also immer auch mit einem Bein im Gefängnis – denn sie muss sich auf sich selbst und ihre körperlichen Kompetenzen (!) verlassen und das heißt in der Konsequenz den Täter von seinem Vorhaben mit körperlicher Gewalt abzubringen. Also kann sie immer von diesem in der Folge wegen Körperverletzung angezeigt werden. Sie wird also als Opfer nur dann zu ihrem Recht kommen, wenn sie gleichfalls mutig (und körperlich fähig) war Täterin zu werden. So will es das deutsche Sexualstrafrecht.

Diese Regelung hat in den letzten Jahren immer häufiger dazu geführt, dass Frauen, die nachweislich vergewaltigt worden sind und es diesbezüglich vor dem Gericht dazu auch gar keinen Zweifel bestand, dennoch mit dem Freispruch des Täters in der Folge leben mussten, weil sie den Täter nicht selbst mit körperlicher Gegenwehr von seinem Vorhaben abbringen konnten.

So ist die von Justizia in diesem Land geschaffene Situation von Frauen in diesem Land. Auf den Straßenverkehr ausgeweitet kann man sich das ungefähr so vorstellen: wenn mich (auf dem Rad) ein Pkw-Fahrer über den Haufen fährt, weil er mir vorsätzlich (!) die Vorfahrt nimmt, muss er nur dann mit einer Verurteilung rechnen, wenn ich (u. U. post mortem) nachweisen kann, dass ich zu ihm vorher gesagt habe: „Nein, ich möchte nicht, dass Sie mir die Vorfahrt nehmen!” Und abschließend ihm vor der Tat noch einmal in die Fresse haue, wenn er nach meinen „Nein!” nicht von seinem Vorhaben ablässt.

Das ist zu überspitzt? Ihr glaubt das nicht? Ich empfehle herzlich diesen Artikel „Sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum – Rechtslage und Reformbedarf in Deutschland” zu lesen. Es spiegelt diese Absurdität komplex wieder:

»Die Forderung nach Selbstverteidigung durch die Betroffenen ist auch ein bisschen antisozial, denn sie privatisiert das gesellschaftliche Problem, wie sexuelle Autonomie wirksam geschützt werden kann, beschuldigt die Opfer und entlastet umstehende Dritte. Auch ist sehr entlarvend, dass es diese Forderung nur in Bezug auf sexuelle Belästigung gibt.«

Seit Jahren wird von vielen Frauenverbänden gefordert, die aktuell geltende Gesetzgebung zu überarbeiten und die bekannten Lücken im deutschen Sexualstrafgesetzbuch zu schließen. Seit Jahren tut sich in dem Punkt nichts. Außer, dass immer absurdere – die Frauen (oder Mädchen) verachtende und somit weiter schädigende Urteile gesprochen wurden – die jede Person mit gesundem Menschenverstand fassungslos zurück gelassen haben. Denn: die Frau als Opfer muss gefälligst alles richtig machen, um Recht zu bekommen.

Heiko Maas, Bundesjustizminister, sind diese Lücken im Sexualstrafrecht bekannt und hatte zwar bei seinem Amtsantritt die Überarbeitung des Gesetzes angekündigt. Passiert ist jedoch bis heute weiterhin nichts. Aus welchen Gründen auch immer.

Insofern muss man jetzt den Tätern in Köln fast dankbar sein. Denn niemals zuvor ist so öffentlich in den Medien darüber gesprochen worden, wie sehr Frauen in diesem Land bei sexuellen Übergriffen – ob minderschwer oder bei vollzogener Vergewaltigung – in der juristischen Nachbearbeitung der an sie begangenen Straftat(en) in unserem Staat alleine gelassen werden.

Die Forderung von schnellerer Ausweisung der überführten Täter, sofern sie auf Grund des Asylrechts hier leben, hilft den Frauen nämlich genau nicht, wenn die aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage gar nicht verurteilt werden. Weil ihnen die Frau nicht beweisen kann, dass sie sich nicht gegen sieben Männer gleichzeitig aktiv wehren konnte. Davon ganz abgesehen, die meisten Täter, die in diesem Land Sexualstraftaten begehen, das sind immer noch deutsche Täter!

Frauen in Deutschland müssen als allererstes vor dem deutschen Sexualstrafgesetz beschützt werden! Und dass das endlich geändert wird, dazu braucht es überhaupt keine Diskussion über die Herkunft der Opfer. Viel mehr würde eine E-Mail von Euch an Eure Abgeordneten helfen in denen Ihr sie auffordert sich persönlich für eine sehr schnelle, weil vorrangige Änderung des Sexualstrafrechts zum Schutz der Opfer einzusetzen.

Mir wird übel bei jedem Täter!

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